Religiöse Kulturen im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts
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Bericht Sommerschule "Religiöse Sinnwelten in der Moderne"

Olomouc, 18.-23. September 2011

Den Bericht können Sie auch herunterladen (PDF-Dokument, 77 KB).

Die Sommerschule des Internationalen Graduiertenkollegs der Prager und der Münchner Universität fand vom 18. bis 25. September 2011 im mährischen Olomouc (Olmütz) unter dem Titel „Religiöse Sinnwelten in der Moderne“ statt. Das Programm der ersten drei Arbeitstage bestand in Projektvorstellungen, bei denen die einzelnen Dissertationsvorhaben auf Deutsch (in einem Falle Englisch) vorgestellt und diskutiert wurden. Die Projektbeschreibungen wurden bereits im Voraus in schriftlicher Form abgegeben, sodass der relativ kurze Vorstellungszeitraum zur Erklärung, bzw. Ergänzung der Hauptthesen genutzt werden konnte. In der anschließenden Diskussion wurden die Möglichkeiten der weiteren Entwicklung und der Richtung der Forschungsarbeiten je nach aktuellem Arbeitsstand erschlossen. In manchen Fällen wurden auch eine Einengung der thematischen Reichweite, bzw. eine theoretische Strukturierung, eine Weiterentwicklung der methodischen Fundierung empfohlen. Als sehr hilfreich haben sich die Koreferate gezeigt: Jeder Vorstellung folgte ein kurzer Kommentar eines anderen Doktoranden, der seine Bewertung und Fragen stellte und zur kritischen Reflexion des Themas anregen konnte.nach oben

Der andere, auf zwei Tage angelegte Teil des Workshops wurde – wie bereits die Workshops in Lemberg, bzw. in Rom – der Besprechung von theoretischen Texten gewidmet. Georg Simmel stellte als eine zeitdiagnostische, kulturkritische Antwort auf die Destruktion der objektiven Religion und den Verlust der Transzendenz in seinem Essay „Das Problem der religiösen Lage“ (1911) die Auffassung der Religion als einer inneren Verfassung der Seele vor, wobei er als Ausweg aus der Krise das religiöse Leben, also die Gleichsetzung der Religion mit dem Leben, bezeichnet. Während Simmel die Transzendenz als ein mögliches Mittel der Sinnstiftung im Leben ansieht, geht es im Text von Thomas Luckman, der im Anschluss an die Arbeit von Alfred Schütz seine theoretische Analyse aufbaute, um die präzise Bestimmung des Begriffes der Transzendenz. Anhand des Textes „Grenzen der Lebenswelt“ wurde auf dem erkenntnistheoretischen Hintergrund die Abstufung der Transzendenzen und eine differenzierte Darlegung der Mittel der Grenzüberwindung („Appräsentationen“) in der Präsentation plausibel dargestellt.nach oben

Die Diskussionen boten den Raum, den Anwendungsbereich der theoretischen Ansätze auf konkrete historische Situationen zu prüfen und die Texte auf verschiedene Lesarten zu erschließen, sie z. B. als historische Quellen zu lesen. Der Sammelbandaufsatz von Niklas Luhmann „Religion als Kultur“ gab Anlass zu Überlegungen, wie Religion und Kultur in einem strukturellen Modell zueinander stehen und welche Rolle dabei dem historischen Individuum in verschiedenen Geschichtsepochen zukommt. Über den Versuch hinaus, die Spielregeln zur Handhabe der religiösen Sprache in öffentlichen Medien gegen den ausschließenden Anspruch eines Säkularismus, machte Jürgen Habermas mit seinem Text „Religion in der Öffentlichkeit“ auf die Erschließung der Religion als einer Quelle aufmerksam, um letztendlich einen moralischen Appell auf die Verbindung des reichen christlichen Erbes mit der Rationalität zu setzen. Dabei bot die Vorstellung einiger Argumente von Kritikern des Textes den Impuls zur Diskussion.nach oben

Der Workshop gab erstens und zum ersten Mal jedem Doktoranden die Gelgenheit die eigenen Thesen vor dem internationalen Gruppe zu präsentieren und sie mit den Ansichten der Teilnehmer zu konfrontieren. Zweitens trug er im theoretischen Teil dazu bei, manche Probleme zu identifizieren und richtig zu benennen, die aus der Materie der jeweiligen Dissertationsproblematik nicht immer sichtbar sind und einen weiten Horizont zu einer Reflexion eröffnen. Zur Inspiration konnten auch einige Sehenswürdigkeiten und historische Realien der altehrwürdigen Stadt Olomouc und deren unmittelbaren Umgebung dienen, die die Teilnehmer im Rahmen des Sommerschulprogramms besichtigen konnten.

 

Adam Dobeš